Bauplanung mit BIM

8. März 2016

Das Building Information Modeling, kurz BIM genannt, kommt in Handwerksbetrieben bisher noch eher selten zum Einsatz. Dabei kann die Methode effektiv dazu beitragen, Kosten einzusparen, Fehlerquoten zu senken und Termine besser zu kalkulieren.

Ginge es nach Samy Kröger, würde sich das allerdings sehr schnell ändern. Der Bauingenieur ist technischer Leiter des BIM-Lean-Teams bei der Zech Bau Holding GmbH und befasst sich mit der Einführung von BIM in dem mittelständischen Bauunternehmen. In unserem Interview spricht er unter anderem darüber, wie die Einführung von BIM im Unternehmen gelingen kann und stellt eine mutige Zukunftsprognose für die Nutzung von BIM im Hochbau auf.

Im Interview: Samy Kröger

Samy Kröger, Zech Bau Holding

Samy Kröger, Zech Bau Holding

BIM ist in aller Munde, doch nicht jeder meint mit dem Begriff dasselbe. Können Sie uns erklären, was im Allgemeinen darunter zu verstehen ist?

Samy Kröger: BIM ist dem Grundsatz nach eine Arbeitsmethode, die versucht das Projekt ganzheitlich zu betrachten und den gesamten Prozess des Planens, Bauens und Betreibens zu berücksichtigen. Dabei steht die gemeinschaftliche, integrale Umsetzung des Projektes unter Nutzung des digitalen Bauwerksdatenmodells im Vordergrund. Kurz kann BIM auch als „Bauen im Modell“ bezeichnet werden.

Welche Probleme können durch den Einsatz von BIM gelöst werden?

SK: Wir müssen im Bauwesen mit dem Problem der Kosten, der Termine und der Qualität kämpfen. Durch BIM können wir die Kosten senken oder wir kriegen zumindest die Kosten erst einmal in den Griff, wir können Termine besser einhalten, weil wir eine bessere Vorplanung haben und wir haben die Möglichkeit, über die Digitalisierung und über die Werkzeuge, die wir einsetzen, die Qualität besser zu überwachen und zu dokumentieren. Die Fehlerquote sinkt mit BIM deutlich. Letztendlich sind das die schlagenden Argumente.

„Durch BIM können wir die Kosten senken, Termine besser einhalten und die Qualität besser überwachen.“

Bei der Zech Bau Holding GmbH befasst sich ein eigener Unternehmensbereich mit der BIM-Methode. Wann haben Sie damit begonnen und wie haben die Mitarbeiter auf die Implementierung reagiert?

SK: Bei der Zech Bau Holding wird BIM seit September 2013 eingesetzt. Das ist noch gar nicht allzu lange her. Es ist nach wie vor schwierig, Kollegen davon zu überzeugen. Wichtig ist, das wir uns in kleinen Schritten nach vorne bewegen und die Kollegen mitnehmen, d. h. frühzeitig einbinden und ihnen erklären, was wir eigentlich machen wollen.

Die Schwierigkeit bei der Einführung von BIM ist, dass man oftmals ein erfolgreiches Unternehmen vor sich hat, das nicht am Rande des Abgrunds steht, sondern das in der letzten Zeit oder in den vergangenen Jahren eine kontinuierliche Entwicklung zum Positiven hin gemacht hat, und dass die Leute in den Unternehmen, die für diesen operativen Erfolg entscheidend sind, mit ihrer bisherigen Arbeitsmethode dies erreicht haben.

Und da besteht die Schwierigkeit, sie davon zu überzeugen, eine neue Arbeitsmethode, nämlich BIM, zu akzeptieren.

„Eine Herausforderung besteht darin, sich mit der Digitalisierung insgesamt auseinanderzusetzen.“

Welche weiteren Herausforderungen gilt es zu meistern?

SK: Eine Herausforderung ist es, die Geschäftsführung davon zu überzeugen, in bestimmte Software-Applikationen, die notwendig sind, zu investieren, oder auch in Schulungen für die Mitarbeiter.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, sich mit der Digitalisierung insgesamt auseinanderzusetzen. Man muss auch bei einem so großen Unternehmen wie der Zech Group immer berücksichtigen, dass da auch eine IT involviert ist, die entsprechende Anpassungen vornehmen muss und das ist eben nicht ganz einfach.

Das dauert oft sehr lange, bis man entsprechende Schritte unternehmen kann. Es gibt auch firmenübergreifende Entscheidungen, die unsere Anliegen zu BIM ein bisschen in den Hintergrund drängen.

Würden Sie denn auch kleinen handwerklichen Betrieben zu BIM raten?

SK: Ja, auf jeden Fall. Ich kenne beispielsweise Fliesenleger, die mittlerweile mit 3D-Modellen ihre Fliesen verlegen. Sie machen das folgendermaßen: Sie begehen den entsprechenden Raum und erstellen ein Laserscanning. Anschließend verlegen sie die entsprechenden Fliesen und das Muster vorab am Computer. Das geht vom Prinzip her in Richtung BIM.

Zum einen können sie dann sehr viel effizienter ihr Material bestellen, weil sie genau wissen, wie viele Fliesen sie exakt zum Verlegen benötigen und wie hoch der Verschnitt sein wird. Zum anderen können sie beim Verlegen mit dem Laser das Verlegemuster auf den Boden werfen und kleben dann genau am vorgegebenen Muster entlang.

Im Idealfall können sich die Fliesenleger das Laserscanning zukünftig ersparen, weil sie die geometrischen Informationen zu Räumen verlässlich aus dem digitalen Bauwerksdatenmodell erhalten.

„Für Unternehmen ist es wichtig, die Software zu finden, mit der sie die gewünschten Mehrwerte realisieren können.“

Auf dem deutschen Markt gibt es aktuell circa 500 verschiedene BIM unterstützende Software-Programme – von kostenlosen, einfachen Varianten bis hin zu komplexen Systemen. Gibt es Programme oder Programmfeatures, die besonders empfehlenswert sind?

SK: Das lässt sich so nicht sagen. Für Unternehmen ist es erst einmal wichtig, dass sie die Software für sich finden, mit der sie wirklich die von ihnen gewünschten Mehrwerte realisieren können. Dazu hilft es, die Software vernünftig zu evaluieren. Dafür muss man gegebenenfalls auch jemanden abstellen.

Ich weiß, dass dies vor allem in kleinen Unternehmen schwierig ist, aber es ist sinnvoll. Dem vorangehen muss natürlich ein klarer Anforderungskatalog, indem ich die Anforderungen, die ich an die Software habe und die Mehrwerte, die ich erreichen möchte, festhalte.

Ist die Nutzung von BIM unterstützenden Programmen immer unbedingt an die Zusammenarbeit mit anderen geknüpft?

SK: Nein, man kann die Methode auch als reine Insellösung einsetzen, das sogenannte „closed BIM“. Der Gegensatz dazu ist entsprechend das „open BIM“. Bei „closed BIM“ sprechen wir vom Prinzip her von einer Lösung, bei der letztendlich ein einzelnes Gewerk oder eine einzelne Planungsdisziplin für sich ein BIM-Modell erstellt.

Wenn ich als Unternehmen nicht einfach nur Striche machen will, sondern objektorientiert modellieren und das Modell mit Daten und anderen Informationen wie zum Beispiel mit meiner Kalkulation oder meinen Lagerbeständen verknüpfen will, dann macht eine Insellösung gegebenenfalls Sinn. Und ich bin auch gut für zukünftige Projekte vorbereitet, die mit BIM durchgeführt werden sollen.

Was mache ich, wenn mein Partnerbetrieb eine andere Software nutzt? Inwieweit sind die verschiedenen BIM unterstützenden Programme kompatibel?

SK: Es gibt ein Datenaustauschformat, das IFC, das ist gleichzeitig auch ein ISO-Standard. Der Wermutstropfen bei der Sache ist, dass es nicht hundertprozentig funktioniert.

Da ist dann oftmals der Anwender gefordert, sich zu informieren, sei es bei dem Software-Hersteller oder auch in Foren, wie man entsprechende Export-Probleme beheben kann.

„Es ist ganz wichtig, erst einmal kleine Schritte zu machen.“

Was ist ein sinnvoller Weg, um als Unternehmen mit BIM zu starten?

SK: Der erste Schritt muss erst einmal sein, sich grundsätzlich über das Thema zu informieren. Ruhig auch mal zu Veranstaltungen gehen. Die Grundeinstellung zu BIM sollte positiv sein. Und es ist ganz wichtig, erst einmal kleine Schritte zu machen.

Wichtig ist auch, dass die Unternehmen sich bewusst machen, dass es schlichtweg Zeit kostet, aber auch, dass es eine Investition in die Zukunft ist. Unternehmen oder Planungsbüros sollten einen Anforderungskatalog erarbeiten, aus dem die gewünschten Mehrwerte hervorgehen und diesen dann gegebenenfalls im Anschluss auch mit dem Softwarehersteller durchgehen und erfragen, ob die genannten Anforderungen erfüllt werden.

In immer mehr großen Städten bilden sich BIM-Cluster oder BIM-Stammtische. Nutzen Sie die Gelegenheit zum in der Regel kostenlosen Erfahrungsaustausch durch Teilnahme an Veranstaltungen dieser BIM-Cluster.

Sie haben mehrfach den Zeitfaktor angesprochen. Mit wie viel Zeit sollte man für die Einführung rechnen?

SK: Es wäre gelogen, wenn ich sage, man bräuchte für die Einführung von BIM in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen sechs Monate. Wie lange es dauert, hängt erst einmal sehr stark davon ab, wie viele Leute der Betrieb überhaupt hat und wie groß die Affinität dieser Leute zum Beispiel zu computergestützten Systemen ist. Sind sie überhaupt bereit damit zu arbeiten oder sind es überwiegend Leute, die gar nicht wollen? Lehnen sie es ab, dann muss erst einmal Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Wichtig ist, dass man das Team direkt mit einbezieht und sagt, was man verändern will und auch verändern muss, weil man sonst bald nicht mehr am Markt existent ist. In gewisser Weise weckt das bei manchen Menschen die Befürchtung, dass ihr Job in Gefahr sei. Da muss man dann entsprechend gegensteuern.

Es geht nicht darum, jemanden wegzurationalisieren, sondern es geht darum, effizienter zu werden – dafür zu sorgen, dass wir in der Bauwirtschaft den Projekten kein Geld mehr hinterhertragen müssen und nicht wegen Verzögerungen in Rechtstreitigkeiten geraten.

Als Unternehmensleitung muss man sich die Zeit nehmen, um den Leuten zuzuhören. Das Thema lässt sich nicht einfach delegieren. Es muss mit den unternehmerischen Zielen in Einklang gebracht werden, weil es kein reiner Selbstzweck ist. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Können Sie die fünf wichtigsten Stichpunkte nennen, warum macht es sinnvoll ist, BIM einzusetzen?

SK: Der erste Punkt: Es ist die Arbeitsmethode der Zukunft. Der zweite Punkt: Es erhält die Wettbewerbsfähigkeit. Der dritte Punkt: Es entlastet, wenn ich es richtig mache, die Mitarbeiter – auf der Baustelle, in der Produktion oder auch in der Planung.

Es macht keinen Sinn, dass ein Bauleiter 70 Stunden in der Woche arbeitet. Der vierte Punkt ist: Erfolgreiche Bauprojekte umzusetzen – und zwar erfolgreich für alle Projektbeteiligten. Und der letzte Punkt: Weil man sich ein Stück weit Gedanken über die Ressourcen auf der Erde machen sollte.

„Ich vermute, dass wir im Hochbau verstärkt BIM-Projekte ab 2018 sehen werden.“

Was erwarten Sie, wie es in den kommenden Jahren mit BIM weitergeht?

SK: 2010 war ich eigentlich sehr euphorisch und hab gesagt, innerhalb der nächsten drei Jahre gibt es den großen Knall. Jetzt sind wir in 2016.
Es ist völlig unstrittig, dass der Stufenplan zur Einführung von BIM bei der Planung, beim Bau und Betrieb von Infrastruktur-Bauwerken der Bundesregierung ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung ist. Das heißt, im Bereich Infrastruktur steht bis 2020 eine komplette Umstellung auf BIM an. Das ist eine klare Ansage.

Ich hoffe, dass wir im Bereich des Hochbaus noch sehr viel schneller vorankommen, ohne dass wir dort eine staatliche Förderung haben. Meine Wahrnehmung ist, dass viele Bauherren anfangen, BIM nachzufragen. Das ist wichtig. Wenn ich den Bauherren nicht mit im Boot habe, kann ich es mir eigentlich fast schenken.

Wir haben im Moment einen sehr großen Hype. Sehr viele steigen gerade in die BIM-Thematik ein. Ich denke jetzt mal wieder etwas euphorisch und vermute, dass wir zumindest im Hochbau verstärkt Projekte ab 2018 sehen werden.

Herzlichen Dank an Herrn Samy Kröger für den spannenden Einblick ins Thema BIM!

Hier findest du weitere Informationen

Auf planen-bauen40.de erfährst du, welche Entwicklungen zum Thema BIM in den kommenden Jahren von der Bundesregierung geplant sind. Hier kannst du den Stufenplan zum digitalen Planen und Bauen kostenlos herunterladen.

Das Institut für Bau-, Stadt- und Raumforschung bietet für Interessierte einen kostenlosen Leitfaden zur Nutzung von BIM zum Download an.
Wer sich einen ersten Eindruck von BIM unterstützender Software und deren Möglichkeiten machen möchte, findet im Internet zahlreiche, kostenfreie BIM-Viewer, z. B. unter teklabimsight oder unter graphisoft.

HAND-DRAUF-Redaktion

Von Werkzeug bis Unternehmensführung: Mit unseren Ratgebern wollen wir Handwerker*innen Antworten auf viele Fragen geben.

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