Noch Platz für Handwerk?

30. Januar 2020

Die Städte platzen aus allen Nähten: Mit dem schier unbegrenzten Zuzug steigt die Nachfrage nach Wohnraum. Seit einigen Jahren werden deshalb freie Flächen zu Bauland erklärt und Neubauprojekte aus dem Boden gestampft. Kleine und mittelständische Unternehmen geraten dabei aus dem Blick. Zentral und dennoch bezahlbar? Die ersten Lösungsansätze gibt es bereits.

Glaser, Tischler, Installateure – man könnte die Reihe der betroffenen Gewerke nahezu endlos fortsetzen. Sie alle eint ein gewaltiges Problem: Immobilienflächen für Lager, Werkstatt und Verkauf werden für sie rar.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat in einer Sonderumfrage »Betriebsstandorte im Handwerk« im ersten Quartal 2019 herausgefunden, dass von 5.000 befragten Handwerksbetrieben fast ein Zehntel in den nächsten Jahren seinen aktuellen Standort aufgeben möchte bzw. muss. In der Studie heißt es, dass insbesondere in den Ballungsräumen das Flächenangebot knapper werde und daraus eine Verdrängung der Betriebe an die Stadtränder oder Einschränkungen bei der Erweiterung des Geschäftsbetriebs aufgrund fehlender zusätzlicher Gewerbeflächen am Standort folgten.

Freie Gewerbeflächen StadtFreie Gewerbeflächen suchen Betriebe in der Stadt häufig vergebens. An den Stadträndern werden sie fündig

Mietpreise explodieren, Freiflächen schließen sich

Mit der stark steigenden Nachfrage nach Bauland und Immobilien in den deutschen Großstädten klettern die Preise in ungeahnte Höhen. Darunter leiden kleine und mittelgroße Betriebe erheblich. Ihre Betriebskosten steigen in einer Weise, dass Maler und Holzhandwerker – um nur zwei Beispiele zu nennen – sich die Mieten in der Stadt schlichtweg nicht mehr leisten können. Und das bei vollen Auftragsbüchern. Handwerker können sich die Mieten in der Stadt schlichtweg nicht mehr leisten. Und das bei vollen Auftragsbüchern.

Ein weiteres Problem: Die noch verfügbaren Gewerbeflächen minimieren sich im Stadtkern nahezu auf null. Die Folge? Ein- oder Zehn-Mann-Betriebe verlassen das Zentrum und ziehen sich weit an den noch bezahlbaren Stadtrand oder gar in ländliche Gegenden zurück – das beobachten wir in Berlin, Frankfurt, Leipzig und München. Ein bundesweites Phänomen!

Privater Wohnraum vs. Kleinbetrieb

Ein neues Spannungsfeld tut sich zwischen Anwohnern und Handwerkern auf – als direkte Folge des Zusammenseins auf engem Raum. Denn neben hohen Mietpreisen und kaum verfügbaren Flächen, kollidieren zunehmend auch die Interessen von privaten Mietern und den Betrieben.

Durch tägliche Arbeitsprozesse entstehen möglicherweise Lärm, Schmutz und eine hohe Frequenz an Menschen auf kleinster Fläche. Darin fühlen sich besonders zugezogene junge Familien gestört. Es stellt sich die zentrale Frage: Wo kommen Handwerksbetriebe in Zukunft unter – wenn sie gleichzeitig Teil einer gesunden, vielfältigen und gut durchmischten Infrastruktur bleiben sollen?

Ein vielversprechender Lösungsansatz: die vertikale Fabrik

Es kann keine Lösung sein, das Handwerk aus unseren stark wachsenden Städten zu verdrängen und sie auf der Strecke zu lassen. Eine Idee, wie man dem Problem des innerstädtischen Handwerksterbens Herr werden kann, liegt in der sogenannten vertikalen Fabrik – einem mehrgeschossigen Produktions- und Handwerksgebäude. Durch den Bau in die Höhe lässt sich auf einen Schlag der Bedarf an Grundfläche im Schnitt auf ein Drittel reduzieren und auf diese Weise erheblich Mietkosten einsparen.

Stadt Handwerk noch Platz?

Wenn kein Platz da ist, baut man in die Höhe: Handwerk verteilt sich dann über mehrere Etagen

Diese Lösung der vertikalen Fabrik sieht vor, verschiedene Handwerksbetrieb über mehrere Stockwerke unterzubringen. Das können Unternehmen verschiedener oder gleicher Gewerke sein oder auch eine komplette Produktionskette sein. Synergien und Kollaborationen entstehen – und so überfüllte Auftragsbücher langfristig besser abarbeiten. Zugleich wird die Kommunikation zwischen einzelnen Arbeitsbereichen verstärkt.

Eine Chance für die Digitalisierung

Was kann in einem solchen Gebäude entstehen? Neben Handwerksunternehmen
im engen Sinne können Logistikunternehmen sowie Technik und Forschung unter einem Dach zusammenfinden. Digitalisierungsprozesse im Unternehmen lassen sich leichter erproben und umsetzen, sodass in der vertikalen Fabrik noch leiser, nachhaltiger und sauberer gearbeitet werden kann.

Die Vorteile sind offensichtlich: In einer vertikalen Fabrik wird niemand gestört, Kollegen sind unter sich und Konflikte mit Anwohnern werden in hohem Maße vermieden.

Du bist auf der Suche nach einer neuen Immobilie? Hier erhältst du ein paar Tipps, wie die Immobiliensuche gelingt.

HAND-DRAUF-Redaktion

Von Werkzeug bis Unternehmensführung: Mit unseren Ratgebern wollen wir Handwerker*innen Antworten auf viele Fragen geben.

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