Initiative VerA: Dem Abbruch der Ausbildung entgegenwirken

9. Juli 2020

In der Bundesrepublik beendet inzwischen knapp jeder vierte Jugendliche seine Ausbildung vorzeitig und damit ohne Abschluss. Eine Hiobsbotschaft für den Arbeitsmarkt, insbesondere für Handwerksunternehmen. Doch Hilfe naht. Wir verraten, wo unschlüssige Azubis unabhängige und handfeste Hilfe finden.

Eine Studie, bei der die Alarmglocken läuten: Laut einer Erhebung des ZDH vom Mai 2020 sind die Ausbildungszahlen des Handwerks über einen Zeitraum von zehn Jahren insgesamt rückläufig. Wurden 2009 noch 156.746 neue Ausbildungsverträge in den Gewerken geschlossen, liegt die Zahl 2019 bei 138.769. Um diesem Trend entgegenzusetzen, wird viel unternommen. Eine beachtenswerte Initiative heißt VerA.

Die Initiative VerA: Azubis lernen von Ruheständlern

Vom Traum- zum Albtraumberuf: Viele Azubis stellen fest, dass ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Und dann, was tun? Seit 2008 bietet der Senior Experten Service (SES) gemeinsam mit den Spitzenverbänden der deutschen Industrie, des Handwerks und der freien Berufe eine der größten Ehrenamtsorganisationen für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand in Deutschland an. Erfahrene Experten der Branche helfen somit unentgeltlich.

Die Initiative hört auf den Namen VerA. Das Besondere? Sie ist für Betrieb und Azubi mit umfassender Unterstützung kostenlos. Das bundesweite Angebot richtet sich gezielt an all jene, die zu Beginn oder auch erst im Laufe ihrer Ausbildung Probleme haben – und deshalb planen, ihre Lehre abzubrechen. Die SES-Ausbildungsbegleiter setzen hier für bis zu 12 Monate mit einem umfangreichen pragmatischen Hilfsangebot an, das auf Wunsch verlängerbar ist.

Initiative VerA: ein persönlicher Coach für den Lehrling

Jede und jeder Azubi erhält auf Anfrage einen komplett unabhängigen und neutralen persönlichen Coach. Eine gute Sache, ganz klar. Doch welche konkreten Hilfsmaßnahmen bieten die freiwilligen Unterstützer von VerA? 

Die Hilfen sind weitreichend: So begleiten die ehrenamtlichen Handwerkerinnen und Handwerker im Ruhestand bei Übungen in der beruflichen Praxis, bieten Hilfe bei sprachlichen Hürden, bereiten auf Prüfungen vor, motivieren zum Lernen – oder beantworten grundlegende fachliche Fragen. Am Ende steht Immer das Ziel: die Ausbildung erfolgreich abschließen, Freude am Job wecken. 

Alle Zelte abbrechen: Konkrete Quoten im Handwerk

Die „Datenbank Auszubildende” des Bundesinstituts für Berufsbildung verdeutlicht, wie viele verfrühte Vertragsauflösungen im Zeitraum 2012 bis 2015 stattfanden. Besonders dramatisch war die Lage bei Friseuren (49 Prozent) und Fachkräften für Rohr-, Kanal- und Industrieservice (48,8 Prozent). Nahezu identisch sind die Zahlen bei Gebäudereiniger/-innen (48 Prozent). Auch Parkettleger haben mit 43,5 Prozent, Gerüstbauer mit 43,1 Prozent und Dachdecker mit 41,7 Prozent eine unfassbar hohe Abbrecherzahl. Ein Vergleich: Unter Brauern und Mälzern liegt der Anteil der vorzeitigen Aussteigerinnen und Aussteiger hingegen bei 9,5 Prozent.

Falsche Vorstellungen vom Job? Beweggründe verstehen

Ob nun komplettes Ausbildungsende oder reine Vertragsauflösung: Sehr vielen Azubis verschiedener Gewerke wird schon innerhalb weniger Wochen deutlich, dass sie sich mit der gewählten Ausbildung im Handwerk nicht arrangieren können. Doch sollten diese Jugendlichen deshalb direkt hinschmeißen? Damit sie bleiben, bedarf es manchmal ein wenig Überzeugungsarbeit: denn die Gründe für die Entscheidung sind vielfältig.

Manchmal kommt es vor, dass schon im Praktikum eines klar wird: Im Regen auf der Baustelle arbeiten ist nichts für den Lehrling – oder beim ständigen Arbeiten in der Höhe fühlt sich die oder der Auszubildende schlichtweg unwohl. Woran auch immer es liegt, die Probleme offen und fair miteinander besprechen ist hier der beste Ansatz. 

Fakt ist: Keine Ausbildung sollte ohne eine Idee für einen Neuanfang beendet werden – denn eine neue Stelle finden, ist beim Berufseinstieg nicht immer leicht. Wichtig ist: Missverständnisse beseitigen und Klarheit über die Situation schaffen.

Dem Ausbildungsabbruch des Lehrlings entgegenwirken

Mit den Ehrenamtlichen von VerA und der SES finden sich motivierende Ansprechpartner für Azubis außerhalb des beruflichen Umfelds: Ist die Bezahlung zu schlecht? Das Schichtsystem oder die Wochenendarbeit zu nervenaufreibend? Gibt es dauernd Konflikte mit Kollegen und Unwohlsein im Umgang? Ein komplettes Vertragsende noch in der Handwerksausbildung sollte das letzte Mittel der Wahl sein. Falls es doch keinen Ausweg gibt, gilt ebenso: Einen lebenserfahrenen Unterstützer aus der Branche an der Seite zu haben, bedeutet hier eine wertvolle Unterstützung.

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Kai

Als freier Texter mit Fokus auf Website-Kommunikation und Online-Magazine unterstützt Kai Unternehmen aus Berlin und ganz Deutschland.

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