Neubau Talbrücke Rinsdorf

30. Oktober 2019

Mitte der 1950er-Jahre wurde die Autobahn 45 gebaut. Sie verbindet Dortmund und Aschaffenburg und führt mitten durchs berg- und waldreiche Sauerland. Wer mit dem Auto auf den insgesamt 257 Kilometern unterwegs ist, passiert 73 Brücken. Eine von ihnen, die Talbrücke Rinsdorf, wird nun erneuert, und das auf spektakuläre Weise.

Nicht schon wieder! Die Fahrt über deutsche Autobahnen gleicht manches Mal einem Geduldsspiel. Wie Perlen einer Perlenkette reihen sich Baustelle an Baustelle. Sie sind nicht selten die Ursache von nervigen Staus. Aktuell hat die Bautätigkeit im Fernstraßennetz sogar einen Höchststand erreicht: Wie der ADAC meldet, sind es im ganzen Land über 540 Baustellen, davon befinden sich die meisten, fast ein Drittel, in Nordrhein-Westfalen.

Da ist es doch schön zu hören, dass zumindest die Talbrücke Rinsdorf ohne Unterbrechung des Verkehrs erneuert werden soll. Dafür setzen die Ingenieure auf eine ungewöhnliche Taktik: Die Brückenbauer errichten die neue Brücke einfach neben der alten. Die ausgediente Brücke wird anschließend gesprengt und an ihre Stelle schieben sie Stück für Stück die neue. Dieses Vorgehen entwickelte Straßen NRW gemeinsam mit der Hochschule TU Berlin und der Baufirma Züblin – ein in diesem Ausmaß einzigartiges Verfahren, das einen immensen logistischen Aufwand bedeutet.

Wie gleitet ein Bauwerk von über 100.000 Tonnen?

Die neue Talbrücke entsteht 20 Meter neben der vorhandenen Fahrbahn. Sobald das Bauwerk fertig ist, gilt es, diese Strecke für die rund 486 Meter lange Brücke, samt 66 Meter hohe Pfeiler, zu überwinden. Das Gesamtgewicht schätzen die Ingenieure auf rund 100.000 Tonnen, womit die Brücke etwa zehnmal so schwer ist wie der Pariser Eiffelturm.

Um die Talbrücke nach Fertigstellung bewegen zu können, ruhen ihre Pfeiler auf mehreren Schiebebahnen. Es handelt sich um zwei gewaltige Betonbalken, die durch Teflon und Edelstahl besonders glatt sind. Doch wo was gleiten soll, braucht man auch Gleitmittel: Mit einer ordentlichen Portion Spülmittel und Fett wird die Schiebebahn geschmeidig gemacht.

Millimeterarbeit, damit nichts bricht

Zum Schluss muss der Koloss in Bewegung gebracht werden: Computergesteuerte Hydraulikzylinder schieben an allen Pfeilern gleichzeitig. Die Brücke rutscht im Schneckentempo nach vorne. Die Geschwindigkeit ist dabei so gering, dass die Bewegung mit dem Auge kaum zu erkennen ist. Zwei Tage haben die Experten vom Bau für die 20 Meter eingeplant. Dabei müssen sie aufpassen, dass durch das Einwirken der hydraulischen Kräfte nichts bricht. Mit dem Verschieben soll 2022 gestartet werden.

Das Bauprojekt im Detail

Die Talbrücke entsteht in Rinsdorf, einer kleinen Siedlung im Kreis Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen. Der Neubau wird sechs Fahrstreifen plus zwei Standstreifen haben und mit einer 1,6 Kilometer langen neuen Lärmschutzwand ausgestattet sein. Die Baukosten betragen 76,8 Millionen Euro. Der Spatenstich war am 18.  September 2017. Prognostizierte Belastung im Jahr 2025: 75.000 Fahrzeuge am Tag, davon 17.000 LKW. Quelle: a45wirdneu.de

Weitere Infos zu diesem Bauprojekt gibt es hier.

(Die Darstellungen haben ausschließlich illustrierenden Zweck. Es handelt sich um keine technischen Zeichnungen.)

HAND-DRAUF-Redaktion

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