Holzfiguren mit Geschichte

10. November 2021

Als Grete Wendt und Margarete Kühn 1915 das gemeinsame Unternehmen gründeten, hätten sie sich wohl nicht erträumt, dass es 100 Jahre später weltbekannt sein wird. Mittlerweile wird das Unternehmen, bekannt für seine Holzfiguren, Spieldosen und diversen Accessoires, in dritter Generation geleitet und bildet Holzspielzeugmacher*innen als Nachwuchs für die Manufaktur in Grünhainichen aus. 

Das 450 Artikel umfassende Sortiment der Manufaktur Wendt & Kühn umfasst von Hand bemalte Holzfiguren, Spieldosen und diverse Accessoires zum Sammeln, Verschenken und Dekorieren. Während der Beruf des*der Holzspielzeugmacher* in eher unbekannt ist, kennt man Wendt & Kühn in der ganzen Welt. Die wichtigsten internationalen Märkte des Unternehmens sind Nordamerika, Österreich, die Schweiz, Skandinavien, Südkorea und Japan.

 

Neue Ideen und Arbeiten

Als Vorlagen für neue Arbeiten dient der Manufaktur ein umfangreicher Musterschatz mit etwa 2.500 Figuren und über 4.000 Zeichnungen, die Firmengründerin Grete Wendt und ihre langjährige Begleiterin, Olly Wendt, geb. Sommer, hinterlassen haben. Das handwerkliche Geschick bei der Fertigung dieser einzigartigen Designs wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Bis heute wird das Vermächtnis mit einer behutsamen Weiterentwicklung und zeitgemäßen Interpretation des Musterschatzes durch die Jahrzehnte getragen. Jedes Jahr wird nicht nur entschieden, welche Figuren und Kompositionen in das Sortiment aufgenommen werden, sondern auch, welche für mindestens fünf Jahre nicht mehr gefertigt werden. Sie finden im legendären Musterschrank im historischen Bereich der 270 Quadratmeter großen Wendt & Kühn-Welt in Grünhainichen einen würdigen Platz.

 

Reparieren statt neu kaufen

Jeden Tag erreichen die Manufaktur durchschnittlich zwanzig Päckchen mit einer oder sogar mehreren Figuren, die repariert werden sollen. Wendt & Kühn vertritt hierbei die Überzeugung, dass sich Gegenstände zwar austauschen lassen, aber nicht die ideellen Werte, die wir ihnen zuschreiben. Deshalb bietet die Manufaktur einen Reparaturservice für beschädigte Figuren an – egal, ob diese fünf oder über 100 Jahre alt sind. Ein Service, der neben einer exzellenten Kenntnis der Sortimentsgeschichte vor allem handwerkliches Geschick, eine ruhige Hand und den Blick selbst für winzige Details braucht.

 

Interview

Holzspielzeugmacher*innen gibt es nur noch wenige. Marilen Dreier ist eine von ihnen und absolviert ihre Ausbildung in der Manufaktur von Wendt & Kühn. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, was den Beruf Holzspielzeugmacher* in besonders macht.

 

Marilen Dreier

 

Wie bist du zum Handwerk Holzspielzeugmacher* in gekommen?

Marilen Dreier: Ich habe mich schon immer für Miniaturen aus Holz interessiert, und als meine Eltern mir in meiner Kindheit einen kleinen geschnitzten Spanbaum vom Striezelmarkt schenkten, war ich unheimlich fasziniert. Im nächsten Jahr fuhr ich selbst auf den Dresdner Weihnachtsmarkt und war hin und weg. Damals wusste ich noch nichts über das besondere Handwerk der Holzspielzeugmacherei. Dann habe ich mich weiter informiert und mich schon kurze Zeit später um ein Praktikum bei Wendt & Kühn beworben – erfolgreich. Zwei Jahre später, nach meinem Schulabschluss, habe ich dann meine Ausbildung in der Manufaktur begonnen. Während meiner restlichen Schulzeit habe ich zwar noch in einige andere Berufe reingeschnuppert, aber das Handwerk der Holzspielzeugmacherei hat nichts übertroffen. Ich war überglücklich, als ich die Zusage von Wendt & Kühn erhielt.

Was lernst du grade in deiner Ausbildung?

MD: In der Manufaktur lerne ich momentan die Malerei. Erst vor kurzem habe ich zum Beispiel 625 Luftballons rot angemalt. Das mag öde klingen, ist aber eine detailreiche Aufgabe, die viel Konzentration benötigt. Gerade bin ich dabei, Kaffeemühlen mit feinen Linien zu verzieren. Die Malerei ist wirklich faszinierend. Sie gibt der Figur erst ihr Leben.

Was ist für dich das Besondere am Handwerk?

MD: Jede einzelne Figur geht durch so viele Hände – das fasziniert mich. Und es macht mich stolz, solch einen traditionsreichen und zugleich seltenen Beruf zu lernen. Auch meine Freund*innen, die zu Beginn überhaupt nichts mit dem Begriff Holzspielzeugmacher*in anfangen konnten, sind mittlerweile bestens über meinen Beruf im Bilde. Vielleicht beneiden sie mich sogar ein wenig – ich glaube meine Begeisterung ist ansteckend. (lacht)

Was würdest du jungen Menschen empfehlen, die den Beruf des*der Holzspielzeugmacher*in erlernen wollen?

MD: Das Handwerk der Holzspielzeugmacherei ist ein vielseitiges Berufsbild. Die Liebe zum Werkstoff Holz, Geduld und ästhetisches Grundverständnis würde ich als Voraussetzungen werten, um in diesem Beruf glücklich zu werden. Hat man in der Holzspielzeugmacherei sein Handwerk gefunden, dann ist das wohl Bemerkenswerteste, wie sinnstiftend die Tätigkeit ist: Mit jedem Handgriff und jeder Figur trägt man dazu bei, späteren Käufer*innen Freude zu stiften. Vielen Dank für das Gespräch.

HAND-DRAUF-Redaktion

Von Werkzeug bis Unternehmensführung: Mit unseren Ratgebern wollen wir Handwerker*innen Antworten auf viele Fragen geben.

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